Weihnachtsumtrunk Heimatverein
08. Dezember 2023
Museum Kulturbahnhof
Der Heimatverein lud Mitglieder und Besucher zu einem weihnachtlichen
Umtrunk rund um den Bahnhof ein, um sich gemeinsam auf das Weihnachtsfest
einzustimmen. Ab 17.00 „war volles Haus“ im weihnachtlich geschmückten Bahnhof und
bei Glühwein, Würstchen heißen Waffeln und weihnachtlicher Musik von Uli Afflerbach am Keyboard war es ein gelungener Weihnachtsspätnachmittag.
Im Rahmen dieses Umtrunks wurde die Vogelschutzgruppe Korschenbroich
geehrt und erhielt den Mattias Hoeren Bürgerpreis für ihre schon seit Jahrzenten geleistet Arbeit in Sachen Vogel und Naturschutz.
Gedenkveranstaltung „Gegen das Vergessen in Korschenbroich 2023“
15. November 2023
Ausstellung Heimat ist nur ein ( W ) Ort
05. November 2023
Vortrag von Mathias Roß anlässlich der Eröffnung der Ausstellung:
„Heimat ist nur ein (W)ort“ im Kulturbahnhof in Korschenbroich am 5.11.2023
Bitte gestatten sie mir zum Ende, dass ich Ihnen eine Geschichte persönlich erzähle. Es ist die Geschichte von Luigi. Leider ist Luigi im Frühjahr dieses Jahres verstoben. Seine Geschichte hat uns so bewegt, dass wir entschieden haben, sie für ihn zu erzählen.
Luigi
Luigis Geschichte ist in gewisser Weise auch ein Stück bundesrepublikanische Geschichte.
Luigi kam im Alter von 7 Jahren mit seinen Eltern als „Gastarbeiterkind“ aus „Süditalien“. Luigi war als kleines Kind sehr krank und lag mehrere Monate im Krankenhaus. Eine Krankenversicherung gab es nicht. Für den Vater war die Möglichkeit, als Gastarbeiter in Deutschland zu arbeiten eine Chance, die Schulden, die sich infolge der Krankenkosten angehäuft hatten, zu bezahlen. Er fand 1960 eine Anstellung in Remscheid als Ziegelbrenner. 1962 holte er die ganze Familie, seine Frau sowie Luigi und seine zwei Geschwister, nach Deutschland. Da war Luigi 7 Jahre alt. Aus Italien nahm Luigi stolz sein erstes Zeugnis mit nach Deutschland, alles Einsen. „Es gab keinen Bimbam von wegen Einbürgerung.“ Von dem, was die Lehrerin sagte, verstand er kein Wort, also schaute er sich alles von seinem Sitznachbarn ab und „machte das was er macht. So bin ich hier reingerutscht“.
So wuchs Luigi in Remscheid gemeinsam mit seinen Geschwistern auf. Er war mit seinen Geschwistern auf sich allein gestellt, da seine Eltern viel arbeiten mussten und ebenso fremd waren in Deutschland wie Luigi selbst. „Meine Eltern haben mich nicht erzogen.“ Mit 14 begann er, ohne Hauptschulabschluss eine Friseurlehre bei dem Großvater eines Freundes. „Mein Opa sucht einen Lehrling, willst Du nicht bei ihm anfangen?“ Das war damals möglich, eine Schulpflicht gab es nicht. Seine Eltern hatten nichts dagegen.
Er absolvierte die Lehre. Der Lehrplan war einfach: Männerhaar schneiden, Frauenhaar schneiden, Verkauf … Schon im 2. Lehrjahr führte er einen Salon, eine Filiale, in einem Krankenhaus. Da war er 15! Aber Luigi wollte mehr, er wollte eine neue Lehre anfangen und verabschiedete sich. „Ich bin dann weg!“
Für die Eltern seiner ersten Freundin war er „als Ausländerkind nicht gut genug“. Wir waren Exoten, ja, aber wir sind normal behandelt worden. „Ich hab nie gemerkt, dass ich Ausländer bin“. Luigi ging zur Abendschule mit dem Schulabschluss Mittlere Reife, ging zur Meisterschule; „Tagesschule, selbst bezahlt“, und wurde so Karosseriebauermeister.
Dann heiratete er seine Freundin und bekam zwei Kinder mit ihr. Er sagte von sich, dass er es seinen Schwiegereltern zu verdanken hatte, das er „Biss bekommen habe“. Leider hat das aber nicht zum Erhalt der Ehe beigetragen. Als Anwendungstechniker bei 3M war er viel in Europa unterwegs. Die viele Zeit außer Haus führte dazu, dass die Ehe scheiterte. „Wir haben uns auseinander gelebt.“
Durch 3M nach Neuss gekommen, lernte er später seine jetzige Frau kennen und zog „der Liebe wegen“ nach Korschenbroich. Nach 35 Jahren bei 3M ging Luigi in Rente. Seine Kinder wohnten in seiner Nähe , der Sohn in Bedburg, die Tochter in Korschenbroich. Zwar könne er sich auch ein Leben auf Rhodos oder am Chiemsee vorstellen, aber seine Frau sei hier so stark verwurzelt „die möchte nicht weg.“ Angesprochen darauf, ob es ihm heute noch etwas bedeute, Italiener zu sein, erzählt er uns:
„Ja. Ich merke, dass ich anders ticke als meine Mitmenschen. Die Gene sprechen ihre Sprache. Als Karosseriebauer gefiel es mir, wenn es gut aussah, meine deutschen Kollegen fanden, es muss genau passen.“ „Ich war etwas großzügiger mit dem Lesen von technischen Zeichnungen. Ich machte das eher aus dem Bauch.“
Luigi erzählte uns von einer Geschäftsreise für 3M, die ihn nach Sizilien führte. Da war er ca. 35. Er saß im Restaurant, spürte die Luft, die Natur, hörte das Zirpen der Zikaden, die Vögel, die Luft, die Gerüche. Seine Stimme wurde ruhiger. „Und ich sag, hier bin ich zuhause. Das hab ich gespürt.“ Seine Stimme brach, er fing an leise zu weinen. In diese Moment waren wir alle sehr bewegt.
Später sagte er: „Ich bin hier groß geworden, ich habe die deutschen Werte verinnerlicht. Komme ich nach Italien, merke ich, dass die Menschen dort nach anderen Werten leben. Ich sehe wie die miteinander reden, die sehen mich dann als Deutschen.“
Originalton Luigi:
„Ich weiß, hier, in Italien bin ich zuhause, ja, aber ich möchte da nicht leben.“
„Ich gehöre nirgendwo hin.“
„Meine Lebenserfahrung ist: Wenn man sich lange genug an einer Stelle aufhält, dann wird das Heimat. Ich finde es nicht beneidenswert, so verwurzelt zu sein. Durch Wurzeln ist man gebunden, ich möchte frei sein in meinen Entscheidungen.“
„Hier ist meine Heimat, weil ich weiß, wie der Bäcker hier seine Brötchen backt.“
„Meine Kinder sind das Wichtigste in meinem Leben. Ich verbringe viel Zeit mit meinen Kindern.“
Er erzählte uns stolz von seinen Kindern.
„Meine Tochter ist ein Papakind. Mit 14 zog sie zurück zu ihrem Vater, später Salzburg, München, und dann: —— Ich will nach Hause —- und zog zurück in die Nähe Ihres Vaters.“ „Papakind“, sagte Luigi noch einmal.
Luigi „Da bin ich schon wieder Italiener. Meine Kinder sind das Wichtigste in meinem Leben.“ Er erzählte stolz von der beruflichen und persönlichen Entwicklung seines Sohnes. Er verbrachte sehr viel Zeit mit seinen Kindern, als Rentner, kümmerte sich, half, seine Frau machte auch mit.
„Die Deutschen sind weniger bereit, so viel zu geben für ihre Kinder.“
Er dachte zurück an seine erste Ehe und erinnerte sich, wie schwer es ihm fiel, sich scheiden zu lassen, „weil ich meine Familie nicht aufgebe.“
Wir redeten noch über italienisches Essen, über Adriano Celentano, über sein Bemühen, ein gesundes Leben zu führen, seine Freude am Laufen, draußen wartete seine Frau. Wir verabschiedeten uns herzlich.
Luigi hat uns in dieser Stunde sein Herz ausgeschüttet. Welch eine Geschichte!
Was bleibt uns zu sagen?
Gute Reise, Luigi.
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